Innovation Watch - Innovation for the Risk-Averse

Der Titel der Mai-Ausgabe der Harvard Business Review "Innovation for the Risk-Averse" lässt Schlimmes erahnen. Doch ist er wohl eher als Ergebnis der Marketing-Anstrengungen der HBR zu sehen, die darüber den typischen Manager in seiner linearen Denke abholen will. Die Artikel zum Schwerpunktthema Innovation sind sehr gut. Zwei sollen hier kurz angerissen werden.

Im Artikel "Managing Your Innovation Portfolio" zeigen Bansi Nagji und Geoff Tuff, wie man sein Innovations-Portfolio ausbalanciert. Dazu unterscheiden sie in Anlehnung an die Ansoff-Matrix drei Arten von Innovationsbestrebungen:

  • Core Innovation: Optimierung von bestehenden Produkten für bestehende Kunden
  • Adjacent Innovation: Erweiterung bestehender Geschäftsfelder in angrenzende Bereiche, die neu für die Firma sind
  • Transformational Innovation: Neuentwicklkungen für Märkte, die noch gar nicht existieren.

Im Durchschnitt sollte ein Innovations-Portfolio aus Aktivitäten bestehen, die zu 70 % Core, 20 % Adjacent und 10 % Transformational sind. In einzelnen Branchen können sich die Schwerpunkte verschieben, z.B. neigen Konsumgüterproduzenten zu etwas weniger Transformational und Adjacent und etwas mehr Core. Beim Management sollte man berücksichtigen, das Transformational Innovations anders gehandhabt werden müssen als Core oder Adjacent Innovations im Hinblick auf Mitarbeiter-Skills, Integration, Funding, Pipeline-Management und Kennzahlen.

 

Im Artikel "Six Myths of Product Development" entlarven die Autoren Stefan Thomke und Donald Reinertsen die typischen Trugschlüsse im Zusammenhang mit Innovationsmanagement. Diese beruhen im Wesentlichen darauf, dass Unternehmen ihren Innovationsprozess wie einen Produktionsprozess managen:

  1. Hohe F&E-Auslastung erhöht F&E-Produktivität
    Eine hohe Auslastung erhöht die  Durchlaufzeiten der Projekte und senkt die Kreativität, da Inkubationszeiten fehlen.
  2. Große Losgrößen erhöhen die F&E-Wirtschaftlichkeit
    Größe Losgrößen senken die Effizienz sogar und verschlechtern das F&E-Ergebnis, indem sie kurze Lernzyklen verhindern.
  3. Entwicklungspläne sind einzuhalten
    Zu starre Entwicklungspläne vermindern die F&E-Qualität, da sie eine Anpassung an aktuelle Gegebenheiten und Erkenntnisse verhindern. Sie sollten daher flexible sein und das Lernen unterstützen.
  4. Früher Projektstart führt zu frühem Projektende
    Dies gilt nicht, wenn dadurch die Auslastung zu weit erhöht wird (siehe Trugschluss 1). Ansonsten verkehrt sich diese Aussage in ihr Gegenteil.
  5. Je mehr Features im Produkt desto höher die Kundenakzeptanz
    Komplexe Produkte schrecken Kunden eher ab (siehe Blogbeitrag "Diffusion der Innovation") und zeugen von geringem Kundenverständnis. Die Entscheidung darüber, was man weglassen kann, ist genauso wichtig wie die Entscheidung, was enthalten sein sollte.
  6. Wir sind erfolgreich, wenn wir gleich alles richtig machen
    Diese Annahme führt dazu, dass sich die Mitarbeiter nur noch einfache Probleme aussuchen. Es sollte dagegen heißen: Frühzeitig experimentieren und aus den Fehlern lernen. Ein Experiment, dessen Ergebnis ein Fehlschlag war, ist kein fehlgeschlagenes Experiment, sondern ein Lernerfolg.

 

Es ist schön, dass die HBR in ihren Artikeln zu ähnlichen Erkenntnissen kommt wie die Anleitung zum Uninnovativsein oder der DABEI-Innovationsklima-Index 2011. Ob sich für diese Erkenntnisse aber gerade der Risiko-averse Innovationsmanager begeistern wird, wage ich zu bezweifeln.

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